Skip to main content

1990 hat Elizabeth Newton ihr Psychologiestudium an der Stanford University abgeschlossen. Ihre Doktorarbeit war der Analyse eines sehr einfachen Spiels gewidmet, in dem sie ihren Probanden je eine von zwei Rollen zuwies: Trommler oder Zuhörer. Klingt kurios? Abwarten… Denjenigen, die sich für die Rolle des Trommlers entschieden hatten, wurde eine Liste mit 25 bekannten Liedern in die Hand gedrückt, darunter etwa „Happy Birthday“ oder die amerikanische Nationalhymne. Aus dieser Liste sollten die Trommler ein Lied aussuchen und dieses mit den Fingern auf die Tischplatte trommeln. Der Zuhörer hatte dann die Aufgabe herauszufinden, was da getrommelt wurde. Eine durchaus schwierige Aufgabe übrigens. Das können Sie feststellen, wenn Sie’s selber versuchen. Probieren Sie’s aus, es macht Spaß.

Aber zurück zum Experiment von Elizabeth Newton, in dessen Verlauf 120 Lieder getrommelt wurden. Wissen Sie, wie viele davon erkannt wurden? Drei. Drei auf 120, also gerade einmal 2,5 Prozent. Dieses Ergebnis an sich wäre wohl noch kein Doktorat an der Stanford University wert, wenn es da nicht noch ein zweites gäbe. Während in der Realität nämlich gerade eines auf 40 Lieder erkannt wurde, glaubten die Trommler in einem von zwei Fällen, das Lied ihrem Gegenüber vermittelt zu haben.

Dafür – und das ist die eigentliche Erkenntnis des Experiments – gibt es einen einfachen Grund: Trommelt man ein Lied auf eine Tischplatte, spielt man dieses Lied unweigerlich im Kopf ab, man hört es buchstäblich. Los, versuchen Sie’s: trommeln Sie „Happy Birthday“ auf die Tischplatte! Und, hören Sie’s? Natürlich! Es ist schlicht unmöglich, es nicht zu hören. Das Problem ist nur: Unsere Zuhörer hören das Lied nicht. Sie hören nur ein mehr oder weniger rhythmisches Trommeln, einem bizarren Morsecode nicht unähnlich.

Genau das ist der Fluch des Wissens. Das Experiment Trommler-Zuhörer wiederholt sich täglich irgendwie irgendwo. Die Trommler sind dann Unternehmenschefs, die Zuhörer ihre Mitarbeiter, es sind Lehrer und Schüler, Politiker und Wähler, Verkäufer und Käufer, Autoren und Leser. Nehmen Sie das Beispiel eines CEOs: Redet er über eine Mission und Vision, hört er ein Lied in seinem Kopf, seine Mitarbeiter hören es aber nicht. Können es nicht hören.

Ich schreibe diesen Artikel übrigens auf meinem Handy, am Strand sitzend und mit einem Buch unter dem Arm, das genau diese Schwierigkeiten der Kommunikation sehr eingängig beschreibt. Ich kann Ihnen das Buch nur wärmstens ans Herz legen: „Was bleibt?“ von Chip und Dan Heath.

Viel Spaß beim Lesen und schönen Sommer!